Die Illumina
Einmal im Jahr findet in Schloß Dyck die Illumina statt. Es handelt sich hierbei um eine Lightshow der Superlative. Der alte Park inklusive dem schönen Wasserschloß wird dann für eine Woche mit Klang und Lichteffekten verzaubert.
Ich war bereits letztes Jahr schon mal dort und freue mich, meinem Vater eine Freude mit diesem Event machen zu können, denn genau in der Woche wo er bei uns in Urlaub ist, findet die Illumina unter dem Motto “Zauber der Jahreszeiten” statt.
Während Gabi das Abendessen vorbereitet, belade ich das Auto mit dem Rollstuhl. Eine Decke packe ich noch zusätzlich ein, denn in der Nacht könnte es kühl werden. Unmittelbar nach dem Abendessen geht es dann auch schon los, denn die Illumina beginnt um 20.00 Uhr, und bis dorthin sind es noch 50 Kilometer. Mein Vater ist sehr gespannt darauf.
Bevor wir das Schloßgelände betreten machen wir noch einen kurzen Zwischenstop an einer nah liegenden alten Kastanienallee. Leider ist sie nicht mehr begehbar, da zum Teil Umsturzgefahr der Bäume besteht.
Viele Erinnerungen sind mit dieser Allee verbunden. Damals hatte ich meinen Zivildienst hier in der Nähe gemacht und mich sehr oft hier aufgehalten um Picknick zu machen oder einfach zu lesen. Zwei Kilometer ist die ehrwürdige Allee lang und sie besteht aus Maronenbäumen, einer imposanter wie der andere.
Die Kastanienallee verbindet das Kloster Nikolaus mit Schloß Dyck.
Die Dämmerung hat nun eingesetzt, und es wird zunehmend dunkler. Der Andrang zum Schloßpark ist groß. Endlich haben wir die Eintrittskarten!
Tannenbaum mit Blitzlicht aufgenommen
Wir nähern uns nun dem Eingangstor zum Schloßpark. Es kommt mir so vor wie ein Tor in eine andere Welt. So wird es auch gedacht sein.
Leise Violinenklänge erreichen uns. Sie kommen vom Schloßgraben her. Der Graben ist auf einer Länge von vielleicht 200 Metern komplett in diffusem Blaulicht angestrahlt. Nebel zieht über die Wasseroberfläche und läßt den Graben gespenstisch erscheinen.
Auffällig schön ist vor allem der angestrahlte nostalgische Schlitten, der sich auf der spiegelglatten Wasseroberfläche spiegelt. Der Schlitten und auch das kalte Blaulicht stellen wahrscheinlich den Winter dar.
Sehr malerisch sieht der angestrahlte Schlitten aus.
Der komplette Schloßgraben steht in diffusem Blaulicht.
Durch den alten Schloßpark schlängelt sich ein Weg, der von Pechfackeln umsäumt ist. Er führt an verschiedenen Stationen vorbei und endet am Wasserschloß, wo als Highlight eine Lasershow stattfindet. Außer den Lichteffekten gibt es da noch die Klangeffekte. Büsche und Bäume, die reden und lyrische Texte vortragen oder sanfte Klänge, die aus der Dunkelheit kommen und den Besucher verzaubern.
Wie Bambus sehen diese schlanken Baumstämme im Scheinwerferlicht aus.
Erzeugter Nebel ist ebenfalls ein Effektmittel auf der Illumina.
Mein Vater redet nicht viel. Aber ich merke, daß er alles aufmerksam aufnimmt und für sich verinnerlicht.
An einigen Stellen sind auch Stände aufgebaut. Hier kann man sich kulinarisch stärken, und genau das machen wir jetzt, indem wir ein Gläschen Sekt trinken.
Im ganzen Park stehen Stühle und Bänke verteilt wo man verweilen kann um die zahlreichen Eindrücke auf sich einwirken lassen zu können.
Es geht weiter!
Der Weg wird nun merklich schmäler. Es ist ganz schön anstrengend, den Rollstuhl zwischen den vielen Menschen zu jonglieren. Als Entschädigung ernten wir dafür oftmals ein aufmunterndes Lächeln. Gabi und ich lösen uns mit dem Schieben ab. Dadurch hab ich wieder etwas mehr Muße, die tollen farblichen Lichteffekte an den Bäumen zu genießen.
Unser Rundgang ist ein Gang in eine andere, bizarre Welt. Die Silouetten von Menschen und Pflanzen heben sich abstrakt von dem gleißenden Licht ab. Mein Blick geht nach oben in die Baumkronen. Das Laubwerk leuchtet in den buntesten und schrillsten Farben. Ich könnte mir vorstellen, daß hier der Herbst dargestellt wird.
Die Baumkronen im Grünlicht sehen aus wie überdimensional große Blumenkohlblätter.
Stühle laden ein zum Verweilen um die vielen Eindrücke zu verinnerlichen.
Feierliche Barockmusik und das applaudierende Klatschen von Menschen schallt zu uns herüber. Auf einer Lichtung sehen wir Laserstrahlen, die sich hin und her bewegen im Einklang mit der Musik. Das kommt vom Schloß herüber, verrate ich meinem neugierig gewordenen Vater. Im 15-Minutentakt wird dort eine Lightshow vorgetragen. Unser Weg führt nun nach einer letzten Kehre zielstrebig zum Schloß hin.
Wir kommen gerade rechtzeitig zur nächsten Lightshow. Auf den großzügig angelegten Wiesen vor dem Schloß sind überall und willkürlich Stühle platziert von wo man sich das Spektakel aus anschauen kann.
Direkt am Ufer vom Schloßweiher haben wir es uns gemütlich gemacht. Das alte, ehrwürdige Schloß liegt nun in der vollen Breitseite vor uns. Es ist nur schwach beleuchtet und große Teile des Bauwerks liegen im Schatten.
Eine liebliche und leise Melodie erklingt mit einem Mal, und fast unmerklich wird die Schloßfassade heller. Es ist so als wenn das Schloß aus einem tiefen Schlummer aufwachen würde.
Je mehr die Musik anschwillt um so heller und farbintensiver wird die Fassade. Immer mehr Lichtkomponenten kommen dazu bis schließlich das komplette Schloß in vollstem Lichterglanz vor uns steht.
Die Umgebung wird nun lebendig. Umliegende Bäume fangen an zu leuchten und sich zu bewegen. Große Lichtmaschinen erzeugen die Illusion, als wenn ein starker Wind in das Blätterwerk hinein pustet um die mächtigen Baumkronen in Vexierbilder zu verwandeln. Diese erinnern an überdimensionale Wirbelballen, bestehend aus Licht, Farben und Blättern.
Neonfarbene Kugeln, welche wie willkürlich am Fuß des Mauerwerks liegen, fangen nun an im Rythmus der Musik zu blinken. Wie große Kürbisse sehen sie aus. Dazu gesellen sich Laserstrahlen, die plötzlich wie aus dem Nichts auftauchen und tänzerisch über die Schloßfassade huschen um sich dann gebündelt in alle Richtungen vom Schloß auszubreiten. Sehr reizvoll sehen auch die Spiegelungen in dem Wasser vor dem Schloß aus.
Die Show ist zu Ende und wir gehen weiter.
Mein Vater ist müde von den vielen Eindrücken.
Langsam schieben wir den Rollstuhl am Schloßweiher entlang, der sich zu einem Graben verjüngt. Von der Rückseite blau angestrahlt spannt sich eine wunderschöne mehrbogige Brücke über das glatte Wasser und spiegelt sich darin. Wir überqueren den Wassergraben und nähern uns nun dem Schloß von der Seite.
Wir wollen noch einen Schwenk zum Innenhof unternehmen. Auf dem Weg dorthin durchqueren wir einen kleinen Lustgarten mit Rosen und mehreren wundervoll geschwungenen Gartenbänken aus Holz.
Eine Steinbrücke mündet in den Innenhof, wo auch das Museum liegt. Unsere Blicke wandern im 360 Grad- Schwenk an dem alten Gemäuer entlang und bleiben an einer dekorativen Eingangstüre haften, welche von gleißendem Grünlicht eingerahmt ist. Ein Leckerbissen fürs Auge!
Stilvoll und dekorativ ist die Schloßeingangstüre.
Eine Allee bringt uns sicher zum Parkplatz zurück.
Wir kehren nun dem Schloß endgültig den Rücken zu und sind groggy von den vielen Eindrücken und Bildern, die wir in den letzten vier Stunden erlebt beziehungsweise gesehen haben. Mit dem Gefühl nichts verpasst zu haben erreichen wir unser Auto. Vorsichtig wecke ich meinen Vater, der mittlerweile im Rollstuhl eingeschlafen ist. Er nickt, hangelt sich ins Wageninnere und schläft weiter.